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Trinity, ich liebe dich sehr, sehr
von Helmut Ploebst
Wien - Aus einer Röhre dringt hohles Rauschen. Wer dem einige Zeit zuhört, vernimmt aus weiter Ferne eine Stimme: "A few people laughed, a few people cried. Most people were silent." Das sagte Robert Oppenheimer, der "Vater der Atombombe", über die Stimmung nach der Zündung der ersten US-Test-Atombombe mit dem frommen Namen Trinity.
Die Künstlerin und Choreografin Andrea Maurer lässt in ihrer Performance-Installation Gesprächsgegenstände, die im Wuk zu erleben war und bald beim Salzburger Sommerszene-Festival wieder gezeigt wird, nicht nur Oppenheimer zu Wort kommen, sondern auch Kommunikationsphilosophen Paul Watzlawick und Dichter-Dandy Konrad Bayer.
Auf den ersten Blick wirkt die Einrichtung des von Maurer als Kunstwerk eingerichteten Raums lakonisch. Ganz im Sinn von Walter Benjamin, für den das Lakonische eine "sprachliche Form der bedeutenden Nüchternheit" darstellte. Darin ist die Künstlerin selbst anwesend. Aber nicht, um ihren Besuchern mit feucht-ernstem Blick in die Augen zu schauen wie weiland Marina Abramovic. Sondern im Bett, die blütenweiße Tuchen bis zum Haarschopf hochgezogen. Vielleicht schläft sie. Oder sie lauscht heimlich, was sich in diesem Zimmer tut.
Dessen Eingangstür ist ins Rauminnere versetzt und in einen provisorischen Rahmen gehängt. Wer sie öffnet, hört eine Männerstimme aus einem Lautsprecher sagen: "Ich liebe dich sehr, sehr." Das ist Konrad Bayer, dessen Worte (aus dem Roman der sechste sinn) auch von einer Vinyl-LP abgespielt werden, auf deren B-Seite Watzlawick darüber spricht, wie wirklich die Wirklichkeit ist.
Maurer, die diese Texte in Stücke zerschnitten und neu zusammengesetzt hat, zeigt sich hier als Meisterin der Sprach-, Zeichen- und Bedeutungszerlegung. Ob in Form von Papierbuchstaben, einer Wörtertastatur oder einer Winkskulptur - alle ihre "Gesprächsgegenstände" führen die Logik der Gebrauchskommunikation mit Witz ad absurdum.
(veröffentlicht in Der Standard, 3.6.2015)